Faktor-Risikoprämien: Value, Momentum, Size und Quality in den letzten Jahren

Reading Time: 5 minutes

Factor Investing ist die Grundlage der Anlagestrategie von Everon.  Die grundlegende Prämisse dieses Anlageansatzes besteht darin, spezifische Faktoren zu identifizieren, die die Renditen von Vermögenswerten über das traditionelle Marktrisiko hinaus erklären. Diese Faktoren, wie z.B. Value, Momentum, Size und Quality, sind weithin erforscht und als treibende Kräfte für die Performance von Vermögenswerten anerkannt.

In diesem Artikel werden die jüngsten Entwicklungen bei Value-, Momentum-, Size- und Quality-Faktoren anhand von Daten aus der Kenneth R. French Data Library analysiert. Auf diese Weise sollen wertvolle Erkenntnisse über die dynamische Natur dieser Faktoren und ihre potenziellen Auswirkungen auf das Portfoliomanagement gewonnen werden.

Kenneth R. French ist ein Forscher auf dem Gebiet des Factor Investing und stellt auf seiner Website Faktordaten zur Verfügung. Bekannt wurde er durch die Veröffentlichung des „Fama and French Three Factor Model“ zusammen mit dem Nobelpreisträger Eugene Fama im Jahr 1992.

Die Faktordaten werden als Long-Short-Portfolios konstruiert, mit dem Ziel, den reinen Faktor ohne marktbedingte Effekte zu extrahieren. Dies ist der akademische Ansatz der Faktorkonstruktion und gibt einen guten Hinweis auf den Faktor selbst. In der Praxis werden die Faktoren bei der Portfoliokonstruktion jedoch etwas anders eingesetzt.

Kursverlauf

Value-Faktor

Bei Value-Investitionen werden unterbewertete Wertpapiere in der Erwartung gekauft, dass sie im Laufe der Zeit an Wert gewinnen werden. Der Value-Faktor war in der Vergangenheit einer der wichtigsten Faktoren zur Erklärung von Vermögensrenditen, hat aber in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren. In jüngster Zeit ist das Interesse am Value-Faktor jedoch wieder gestiegen, da die Anleger die Nachhaltigkeit wachstumsorientierter Strategien angesichts der sich ändernden Marktbedingungen in Frage stellen.

Unter Verwendung von Daten aus der Kenneth R. French Data Library hat der Faktor Wert in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Veränderung erfahren. Von 2015 bis 2019 schnitt der Value-Faktor schlechter ab, erlebte aber in den Jahren 2020 und 2021 ein bemerkenswertes Comeback. Dies lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen, darunter die Reaktion des Marktes auf die COVID-19-Pandemie, die anschließende wirtschaftliche Erholung und die Neuausrichtung des Anlegerfokus auf wertorientierte Strategien.

Diese Wertorientierung blieb auch im Jahr 2022 stark, da die Unsicherheit über die Auswirkungen der höheren Zinssätze auf die Wirtschaft anhielt. Mit Beginn dieses Jahres sehen wir bereits wieder eine Verschiebung von Value hin zu Wachstumstiteln. Auch wenn dieser Faktor in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt negativ war, ist er in Krisenzeiten immer noch der bevorzugte Faktor. Daher sollte er bei der Anlageentscheidung eines Vermögensverwalters nach wie vor Berücksichtigung finden.

Momentum-Faktor

Beim Momentum-Faktor werden Long-Positionen in Vermögenswerten eingegangen, die in letzter Zeit eine starke Performance gezeigt haben, und Short-Positionen in Vermögenswerten, die eine unterdurchschnittliche Performance aufweisen. Der Momentum-Faktor basiert auf der Vorstellung, dass Vermögenswerte mit einer starken Performance in der Vergangenheit dazu neigen, sich auch kurzfristig besser zu entwickeln. Der Momentum-Faktor ist in der akademischen Literatur gut dokumentiert, und er ist sowohl bei privaten als auch bei institutionellen Anlegern eine beliebte Strategie.

Der Momentum-Faktor war in den letzten zehn Jahren relativ konstant und wies im Durchschnitt eine positive Prämie auf. Trotz kurzfristiger Schwankungen hat der Momentum-Faktor im Allgemeinen seine Fähigkeit bewahrt, Überschussrenditen für die Anleger zu erzielen. Allerdings hat der Faktor in einigen Perioden eine unterdurchschnittliche Performance gezeigt, wie z. B. während der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Marktturbulenzen.

Insbesondere wenn die Märkte eine hohe Volatilität mit schnellen Richtungswechseln aufweisen, wird der Faktor instabil. Von Mitte 2021 bis Ende 2022 war das Momentum ein starker Faktor, doch mit der Tech-Rallye in den ersten Monaten des Jahres 2023 schwächte sich der Momentum-Faktor insgesamt wieder ab.

Size-Faktor

Der Size-Faktor, auch bekannt als Small-Cap-Prämie, besagt, dass kleinere Unternehmen auf risikobereinigter Basis tendenziell besser abschneiden als grössere Unternehmen. Dieser Faktor wurde eingehend untersucht und hat sich als beständiger Faktor für die Rendite von Vermögenswerten erwiesen. Allerdings war der Size-Faktor in den letzten Jahren einigen Schwankungen unterworfen, was Fragen hinsichtlich seiner langfristigen Stabilität aufwirft.

Der Size-Faktor hat in den letzten zehn Jahren eine gemischte Performance gezeigt. Während sich Small-Cap-Aktien im Allgemeinen besser entwickelt haben als Large-Cap-Aktien, hat sich die mit diesem Faktor verbundene Prämie in den letzten Jahren verringert.

Für diesen Trend gibt es mehrere Erklärungen, darunter der verstärkte Wettbewerb unter den Anlegern, der bessere Zugang zu Informationen und verbesserte Risikomanagementpraktiken. Während des Aufschwungs in den Jahren 2020/21 war Size jedoch im Vergleich zu anderen Faktoren ein Outperformer. Die Daten deuten darauf hin, dass Size in Zeiten der wirtschaftlichen Erholung besonders attraktiv ist.

Quality-Faktor

Der Faktor Quality konzentriert sich auf Unternehmen mit starken Fundamentaldaten, wie z. B. einer hohen Eigenkapitalrendite, einem geringen Verschuldungsgrad und einem stabilen Ertragswachstum. Qualitätsinvestitionen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da die Anleger versuchen, Risiken zu mindern und Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen zu identifizieren. Quality hat sich als wertvolle Ergänzung zu Multi-Faktor-Portfolios erwiesen, da er Diversifizierungsvorteile und das Potenzial für eine Outperformance bietet.

Der Quality-Faktor hat sich in den letzten zehn Jahren gut entwickelt, mit einer allgemein stabilen Prämie. Dies deutet darauf hin, dass der Faktor selbst in Zeiten von Marktturbulenzen wie der COVID-19-Pandemie relativ widerstandsfähig war.

Die starke Performance kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden, darunter die zunehmende Konzentration der Anleger auf Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen, die stärkere Betonung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) und die Anerkennung von Quality als Quelle langfristiger Wertschöpfung.

Implikationen für Investoren

Die Analyse der Faktoren Value, Momentum, Size und Quality liefert wertvolle Erkenntnisse für Vermögensverwalter und Anleger, die von Faktor-Risikoprämien profitieren wollen. Die folgenden Punkte fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen:

  • Value: Trotz einer Periode unterdurchschnittlicher Performance hat der Faktor Value in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt. Vermögensverwalter sollten wachsam bleiben und sich auf veränderte Marktbedingungen einstellen, um die mit diesem Faktor verbundenen potenziellen Renditeprämien zu nutzen.
  • Momentum: Der Momentum-Faktor hat im Allgemeinen beständig Überrenditen erwirtschaftet, ist aber nicht immun gegen kurzfristige Schwankungen und Perioden mit schlechter Performance. Anleger sollten sich der potenziellen Risiken bewusst sein, die mit Momentum-Investitionen verbunden sind, und geeignete Risikomanagement-Strategien einbeziehen.
  • Size: Der Faktor Size hat in den letzten Jahren eine gemischte Performance gezeigt, wobei die Small-Cap-Prämie im Laufe der Zeit abgenommen hat. Vermögensverwalter sollten sich weiterhin vorsichtig auf den Faktor Größe verlassen und bei der Portfoliokonstruktion mögliche Veränderungen seiner Wirksamkeit berücksichtigen.
  • Quality: Der Quality-Faktor hat eine starke und stabile Performance gezeigt, was auf seine Widerstandsfähigkeit und sein Potenzial zur langfristigen Wertschöpfung hindeutet. Anleger sollten in Erwägung ziehen, den Quality-Faktor in ihre Anlagestrategien einzubeziehen, um die Portfoliodiversifizierung zu verbessern und von den Vorteilen von Qualitätsinvestitionen zu profitieren.

Veränderungen der Faktoren über die Zeit:

Die Grafik zeigt den einfachen gleitenden 12-Monats-Durchschnitt der Faktoren, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen. Die Daten stammen aus der Kenneth R. French Library.

Wir haben gesehen, dass sich die Faktoren im Laufe der Zeit unterschiedlich entwickeln und in bestimmten Marktumgebungen unterschiedlich abschneiden. Die Korrelationen zwischen den betrachteten Faktoren legen nahe, dass es vorteilhaft ist, sie zu kombinieren, da einige von ihnen negative Korrelationen zueinander aufweisen. 

Auf diese Weise kann die Outperformance eines Faktors die Underperformance eines anderen Faktors ausgleichen. Wenn wir dann noch die Faktoren entsprechend ihrer kurzfristigen Dynamik gewichten, können wir sogar die Auswirkungen der Underperformance einiger Faktoren minimieren, um ein insgesamt besseres Ergebnis zu erzielen.

MarketSizeValueQualityMomentum
Market10.3470.082-0.568-0.326
Size0.34710.272-0.222-0.363
Value0.0820.27210.183-0.181
Quality-0.568-0.2220.18310.111
Momentum-0.326-0.363-0.1810.1111
Die Korrelation wird auf der Grundlage der geglätteten Daten berechnet. Verwendete Daten aus der Kenneth R. French Library.

Schlussfolgerung

Die Entwicklung von Faktor-Risikoprämien, insbesondere für die Faktoren Value, Momentum, Size und Quality, hat erhebliche Auswirkungen auf Anleger. Indem sie die sich entwickelnden Beziehungen zwischen diesen Faktoren genau beobachten und die Anlagestrategie entsprechend anpassen, können Vermögensverwalter das Portfoliorisiko besser steuern und die Anlageperformance potenziell verbessern.

Da sich die Märkte weiterentwickeln, wird das Verständnis der Dynamik von Faktor-Risikoprämien für ein erfolgreiches Portfoliomanagement und die Risikobewertung im Bereich des Factor Investing und darüber hinaus entscheidend bleiben.